Sora Zita Stoff

die Mutter der Armen

in Großwardein / Oradea / Nagyvárad

von Friedrich Scheucher


Ein Beweis deiner Liebe zu Gott

ist die Liebe zu deinem Nächsten.


Jutta Nöbauer hat mich im September 1990 als C-Fahrer in Reserve zu einem Transport eingeladen. Damals lernte ich in Oradea Schwester Zita Stoff kennen.

 

Im Advent desselben Jahres war Schwester Zita in Aschach und konnte die dramatische Situation der Armen in den Städten Rumäniens bei einem Gottesdienst näher beschreiben. Mit meinem Freund Mayr Franz (Kupferschmied in Steyr) machte ich am 5. Jänner 1991 den 1. Hilfstransport nach Oradea und von da ab rollten die Transporte dank Eurer Unterstützung zu Schwester Zita.  Wenn die Lagerflächen dort nicht ausreichten, haben wir den Bischofssitz von Bischof Tempfli vollgeräumt und war dann noch Ware da, brachten wir diese zur katholischen Schule des Prälaten Marth Mihai. Schon 1995 erreichten wir eine Liefermenge von 140 t zu den damaligen Projekten in Großwardein, Klausenburg und Ozd-Nordungarn. Diese enorme logistische Leistung war nur mit der Unterstützung unserer Nachbarspfarren möglich. Auch für die richtige Verteilung vor Ort mußte gesorgt werden.

 

Damals hatte Schwester Zita ein sehr gutes Team, welches die Verteilung der Hilfsgüter übernahm. Sora (Schwester) Zita war in der Stadt allen Menschen bekannt. Den Armen war sie eine große Fürsprecherin und auch die Obrigkeit der Stadt begegnete ihr mit großer Hochachtung. Sie war das soziale Gewissen in Oradea. Sora Zita war unerschütterlich beim Helfen, aber auch im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus.

Damals besuchten wir viele arme Familien und manchmal haben wir den Anblick und den Geruch der Armut nicht ertragen. Mit Sora Zita bauten wir die Familienpatenschaften aus. Besonders alleinstehende Frauen mit Kindern wurden unterstützt, sowie Familien mit arbeitslosen Vätern, deren Armut besonders groß war. Sogar unser Herr Pfarrer, Ksr. Leopold Haslinger hatte eine Patenfamilie und es war immer sehr nett, wenn von „seinen Kindern“ die Rede war.

 

Oftmals war ich mit Sora Zita in der Stadt unterwegs und dabei wurde sie auf der Straße von vielen Menschen angesprochen, wobei diese sich für die Hilfe bei ihr bedankten oder um Hilfe baten. Sie hatte immer ein offenes Ohr für diese Menschen. Sie wohnte in einer kleinen ebenerdigen Wohnung neben ihrem ehemaligen Kloster, das von den Kommunisten beschlagnahmt wurde. Das Kloster wurde in ein Militärspital umgewidmet und als solches noch benutzt. Einmal hatten wir bei einem Hilfstransport Krankenbetten mit und ich fragte Zita, wohin wir diese liefern sollten. Da meinte sie, dass es im Militärspital ganz armselig aussehe und die Betten dort gerade richtig wären. Ging zur Tür ihres ehemaligen Klosters, klopfte an, sprach mit einem Offizier und 10 Minuten später waren etwa 30 Soldaten beim LKW und halfen beim Entladen der Hilfsgüter mit.

Ja, sie war eine resolute Persönlichkeit und so mancher Romajunge wird sich an die eine oder andere Ohrfeige erinnern, welche er von Zita nach kleinen Diebereien erhalten hat. Sind diese Jungs ein anderes Mal gekommen und haben um Hilfe gebeten, so haben sie von den Hilfsgütern auch etwas bekommen.

 

Sora Zita entstammte einer wohlhabenden Familie in Oradea und wurde 1926 geboren. Sie gehörte der Ungarischen Volksgruppe an. Neben ungarisch, sprach sie rumänisch und etwas deutsch. Sie war eine Mallersdorfer Schwester. Dieser Orden wurde von den Kommunisten nach dem 2. Weltkrieg enteignet und aufgelöst. Ordensschwestern, die sich weigerten, das Ordenskleid abzulegen, wurden verschleppt. Während dieser schweren Zeit war Bischof Tempfli Pfarrer in der Ordenskirche von Sora Zita und sie war damals die „Untergrund-Caritas“.

 

2007 ist die Mutter der Armen von Großwardein leider viel zu früh verstorben. Ich bin mir sicher, dass Sora Zita bei Gott und den Heiligen versammelt ist. Mit ihrer Caritasarbeit und menschlichen Zuwendung hat sie den armen Menschen die Liebe Gottes spürbar werden lassen.

Sora Zita Stoff

Andreas + Friedrich Scheucher